3. Die Modernisierung der Roten Armee
Marschall Tuchatschewski und Stalin konnten sich auf den Tod nicht ausstehen. Doch war er fähig genug es bis zum Generalstabschef zu bringen. Er war der Bezwinger der Bauernerhebungen und des Kronstädter Matrosenaufstandes. Jene Marinesoldaten, die zuvor mit den Bolschewiki das Zarenreich zum Einsturz brachten. Doch er war auch Stalins direkter Vorgesetzter im Sowjetisch-Polnischen Krieg und für ihn ging dieser Konflikt und die Schlacht um Warschau nur wegen Stalins Unfähigkeit und Intreganz verloren. Doch der gebildete Adelige wusste die Rote Armee zu führen und sie zu organisieren. Bereits 1930 formulierte eine erste sowjetische Blitzkriegdoktrin. Der schnelle Vorstoß mit motorisierten Kräften unterstützt von der Luftwaffe. Diese neuartigen Manöver wurden zusammen mit der Reichswehr der Weimarer Republik in der sowjetischen Steppe erprobt.
Der Marschall ist ebenso Teil der Gesprächsrunde und sieht im Hinblick auf Stalins weitreichende Ziele auf dem Taschentuch seine Zeit gekommen. Die drei Truppenteile müssen modernisiert und massiv auf- wie ausgebaut werden. Die künftigen Entscheidungen westlich der Sowjetunion muss mit schnellen und kräftigen Schlägen geführt werden um lange Abnutzungskriege wie im Ersten Weltkrieg zu vermeiden als die zaristische Armee mehr und mehr an Kampfeskraft und Moral verlor. Das größte Problem der Roten Armee ist die fehlende Motorisierung und Spezialisierung:
Das Rückgrat der Armee bildet immer noch der einfache Soldat - schlecht ausgerüstet und ausgebildet. Tuchatschewski weiß, dass auch er verantwortlich ist für diesen Zustand der Armee. Während er Stalin sonst immer aus dem Weg geht, sucht er nun seinen Blick und spricht mit geballter Faust, dass die Vereinigung der slawischen Völker Europas unter dem Banner des Kommunismus nur mit einer neuen Art von Armee geführt werden kann. Stalins Nerv schien mit diesen Worten getroffen zu sein. Er nickt seinem Marschall stumm zu und verlangt in Kürze seine Ausführungen. Stalin wendet sich wieder dem Festsaal zu.
Die von ihm verlassene Runde hört sich hingegen weiter Tuchatschewskis Vorstellungen zum Umbau der Armee an. Das neue Rückgrat müssen die motorisierten Verbände im Land sein. Schrittweise sollen der marschierenden Infanterie nach und nach Fahrzeuge zum schnelleren Transport zugeführt werden. Die Schusswaffen müsse automatisiert werden - Magazine vergrößert. Der Marschall fürchtet den Stillstand und ein Erstarren der Front. Ebenso muss die Panzerwaffe verstärkt werden. Nicht nur in ihrer Masse, sondern auch in ihrer Schlag- und Verteidigungskraft. Die Lehren des Ersten Weltkriegs haben gezeigt, dass Panzer nicht unverwundbar sind und vor allem ein leichtes Ziel, wenn sie von der schützenden Infanterie getrennt werden.
Ebenso benötigt das Heer mehr Feuerkraft. Die Rote Armee verfügt zum Jahreswechsel lediglich über 4 Artilleriebrigaden. Doch grad in für Panzer unwegsamen Gelände braucht es an Durchschlagskraft um eine gut ausgebaute Verteidigungslinie durchstoßen zu können. Die Wälder des Baltikums fallen als Beispiel in der Gesprächsrunde. Die Luftwaffe wird neu aufgestellt und dabei nah am und mit dem Heer agieren. Eine Luftnahunterstützung und das Zerschlagen des Feindes wird sich in einem Blitzkrieg als immanent wichtig erweisen. Auch die Marine soll ausgebaut werden. Wenn auch schwächer als die anderen Truppenteile.
Die alten Dreadnoughts der Gangut-Klasse sollen von modernen Schlachtkreuzern ersetzt werden. Eine Schiffsklasse mit der man in der Sowjetunion keinerlei Erfahrung hat. Doch die Seeschlachten im Ersten Weltkrieg - allen voran die Skagerak-Schlacht zwischen Deutschland und England - haben die Vorteile dieses Konzeptes gezeigt, dass Tuchatschewski auch der skeptischen wie neugierigen Runde gerne näher erläutert. Der Bau von Schlachtschiffen wird zu viele Kapazitäten der noch jungen Nation binden. Die Vorteile der Schlachtkreuzer sind die Feuerkraft der Schlachtschiffe, vereint mit der Schnelligkeit der Kreuzer. Mit dieser Kombination soll vor allem einer starken Flotte in der Ostsee oder am Ausgang des Schwarzen Meeres begegnet werden können.